Geschichte der Freiwilligen
Feuerwehr Neenstetten

von 1785 bis in die Gegenwart

 


Das Feuer war zu jeder Zeit, damals wie Heute, eine große Gefahr für das Dorf. Holzhäuser, Strohdächer und der noch nicht existente vorbeugende Brandschutz bedeuteten früher eine erhöhte Feuergefahr. Daher war der Feuerschutz eines der wichtigsten Gebote. Bei der jährlichen Feuerschau überprüfte der Amtmann mit Anwalt und Richtern die Feuerlöscheinrichtungen aller Anwesenden. Das Feuerkorn war eine mit jeder Feuerstelle verbundene Naturalabgabe wie auch die Rauchhühner. Im 19. Jahrhundert wurde mit der Feuerschau immer ein Bauhandwerker als Meister beauftragt.

Wer von außerhalb in die Dorfgemeinschaft eintreten wollte, sei es durch Heirat oder aus anderen Gründen, mußte eine Gebühr bezahlen und einen Feuereimer vorweisen. Im 19. Jahrhundert war dessen Beschriftung mit Name und Hausnummer verlangt.

In Neenstetten gab es einen Boten, der als Feuerreiter in den Nachbardörfern um Hilfe bat, wenn es in Neenstetten brennen sollte. Der Hausname des Reiterbauern in Neenstetten soll seine Begründung in dem mit diesem Hof verbundenen Amt des Feuerreiters haben. Noch im Jahr 1890 legte der Gemeinderat die Entschädigung des Feuerreiters so fest, daß bei einer Abwesenheit von weniger als sechs Stunden pro Pferd 3 Mark, bei mehr als sechs Stunden 6 Mark bezahlt wurden.

Alarmierungen waren darüber hinaus noch möglich durch Sturmläuten der Kirchenglocken oder einfach durch das Sichtbarwerden einer Rauchwolke über dem Dorf.

Den ältesten schriftlichen Beleg über das Bestehen einer geordneten Löschmannschaft liefern die noch vorhandenen Rechnungen an die Gemeinde von 1785 bis 1795. Dort sind beim Inventar der Gemeinde vermerkt:

2 Feuerhaken, 5 Leitern, 2 eiserne Schlegel, 4 Schaufeln, 1 "Bikel", 3 große Sägen sowie 23 neue Feuereimer. 

Eine eigene Feuerspritze scheint damals in Neenstetten noch nicht vorhanden gewesen zu sein, denn es heißt "an denen Feuer Spritzen Kosten der gemeind Weidenstetten vergütet 7 fl 45 kr".

Aus Einträgen im Jahr 1787 und 88 geht hervor, daß die Neenstetter Löschmannschaft aus drei Rotten bestand. Weil sie nur einen "Feuerfahnen" ( Fahne als Feuersignal)  besaßen, erhielt der Schlosser Brenneisen in Langenau den Auftrag zur Anfertigung von "zwey neuen Fahnen" für 1 fl 20 kr. Der Provisor Bez bekam für das Bemalen 40 kr und der Schreiner Mayer 20 kr für das Anstreichen der Stangen.

Von einem Überlandeinsatz erhalten wir Kenntnis durch folgende Vermerke: "Zwey (Feuereimer) bey der Göttinger Brunst eingebüßt." Und "An Georg Klöpfer, Schuhmacher, allhier die beyr Göttinger Feuersbrunst ruinierte Feuereimer auszubeßern 1 fl 4 kr." Am 29. November 1786 hatte ein Schadenfeuer in Göttingen, das durch Unachtsamkeit beim Flachsdörren entstanden war, zwölf Häuser zerstört. Die Entfernung Neenstetten - Göttingen beträgt in der Luftlinie immerhin rund 10 Kilometer. Man kann daher annehmen, daß die Neenstetter Löschmannschaft auch 1797 ausrückte, als in Ballendorf elf Häuser abbrannten.

Mann nimmt gemeinhin an, daß solche Brände, bei denen 10 und mehr Häuser abbrennen, heutzutage nicht mehr vorkommen. Doch das ist weit gefehlt. Erst im Jahre 2006 wurden bei einem Feuer im bekannten Schweizer Skiort Flims-Laax 7 Häuser und 7 Ställe völlig zerstört und weitere 11 Häuser unbewohnbar. Der Schaden belief sich auf fast 10 Millionen Franken!


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Schultheiß Caspar Junginger vermerkt in der Ortschronik: "1823 wurde Spritzenhaus an Zehntscheune angebaut und eine Fahrfeuerspritze angeschafft mit Schlauch und 2 Rohren, angefertigt von Kunst- und Glockengießer Phillipp Jacob Wieland in Ulm. Kosten 940 fl." In den Gemeinderatsprotokollen ist sechs Jahre später von der "Feuerhütte" die Rede. Gemeint ist damit der gleiche Anbau an der Nordseite des Zehntstadels am Platz des heutigen Rathauses zur Aufbewahrung der Löschgeräte. Beim Einsatz wurde der Wasserkasten dieser fahrbaren Spritze durch eine Eimerkette von einer Hüle oder einem Brunnen aus gefüllt, während ein Teil der Spritzenmannschaft, etwa 8 Mann, den einem großen Waagbalken vergleichbaren Pumpenhebel auf und abbewegte.

Für Neenstetten sind erfreulicherweise nur wenige Brandfälle bekannt. Der erste überlieferte Brand betrifft am 19. Oktober 1789 Hans Staib Junior "bei den Häuslen" im Langenauer Weg, wo ein Zimmerbrand durch das streng verbotene Wergdörren entstand, aber rechtzeitig gelöscht werden konnte. Dann brannte am 5. März 1850 vormittags um neun Uhr das Anwesen des Kaspar Zink an der Wiesengasse (1950 Johann Laible) gänzlich ab. Der Löschmannschaft gelingt es, unterstützt durch Hilfen aus Weidenstetten und Altheim, die Nachbarhäuser zu schützen. Weiterhin fallen dem Feuer 1854 das Häuschen Mezger/Joos im Wiesengäßle, dort auch 1885/86 die Scheune des Thomas Häcker, 1903 die Wirtschaft "Zum Adler" am Dorfplatz, 1933 die Scheune des Hans Gerstenlauer in der Schmalen Gasse und 1976 die Zimmerei Georg Bunz am Langenauer Weg zum Opfer.

1857 stirbt der "zur hiesigen Fahr-Feuerspritze Beordnete I te Spritzenmeister Jakob Köpf, Hufschmied allhier". Weil der Nachfolger wieder ein "Feuerarbeiter" sein soll, wird der Hufschmiedemeister Georg Faul dafür bestellt und verpflichtet, stets "ein Hufbeschlagzeug auf der Spritze im Kästchen parat zu halten". Seine Entlohnung erfolgt unter Bezug auf nicht mehr auffindbare Protokolle aus der Zeit nach 1810 durch Tagegeld. Die Nachfolge von Georg Faul, der 1871 stirbt, tritt der Hufschmied Christian Braunmiller als Spritzenmeister an.

Auf Antrag des Landesfeuerversicherungsinspektors Großmann aus Stuttgart befaßt sich der Gemeinderat am 4. Februar 1884 mit der Bildung einer Feuerwehr. Die Gemeind möchte zu den erheblichen Kosten für den drei Jahre zuvor fertiggestellten Bau der Wasserleitung einen finanziellen Zuschuß der Gebäudebrandversicherungsanstalt. Die Gewährung eines solchen Zuschusses wird von der Einrichtung einer gut ausgerüsteten Feuerwehr abhängig gemacht. Sie muß über 12 Steiger verfügen, ferner über 4 Dachleitern, 2 Stützleitern die sich als Bockleiter verwenden lassen und 60 Meter Schläuche. Von den Steigern muß jeder mit Metallhelm, Bauchgurt und einem Seil mit zwei Karabinerhaken ausgerüstet sein. Die Hälfte der Steiger muß überdies ein Beil mit Ledertasche und eine Steigerlaterne bei sich haben, die andere Hälfte jeder einen Schlauchhalter. Die Löschmannschaft ist in folgende Gruppen zu gliedern: Hydranten-, Spritzen-, Wach- und Flüchtlingsmanschaft. Zur Unterscheidung dienen Armbinden unterschiedlicher Farbe. Zum Vergleich: Heute arbeitet die Feuerwehr mit einer Löschgruppe bestehend aus 9 Feuerwehrleuten unterteilt in den Fahrzeugführer, den Maschinisten (Fahrer), den Angriffstrupp, den Wassertrupp, den Schlauchtrupp und den Melder. Auf ihrem Fahrzeug haben sie unter anderem zur Verfügung: 260 Meter Schläuche, eine 4-teilige Leiter 8,4 Meter lang, 6 Handscheinwerfer und zwei Äxte.

Der Gemeinderat akzeptierte diese Bedingungen, und so gilt der 17. Juni 1884 als Datum für die Gründung der Neenstetter Feuerwehr neuer Art.

Nach Einholung verschiedener Angebote wird Schneidermeister Ockerländer, Langenau, mit der Lieferung von 28 Tuchjuppen zu je 13 Mark und zugehöriger Drilichhosen zu je 3,50 Mark für Uniformen der Feuerwehrmänner beauftragt. Den Gesamtaufwand beziffert Schultheiß Farion mit etwa 1400 Mark, wozu die Gemeinde einen Staatsbeitrag von 1000 Mark erhalten habe.

Am 21. Juni 1885 sind 10 Mann der Neenstetter Feuerwehr zu einer Übung nach auswärts kommandiert, von der wir den Ort nicht erfahren, wohl aber die Höhe der nachträglich gewährten Reiseentschädigung mit 15 Mark für alle.

Die neuaufgestellte Feuerwehr bestand ihre Bewährungsprobe zusammen mit der neuen Wasserleitung beim Brand der Scheune des Thomas Häcker am 27. April 1886 Abends um 10 Uhr. Obwohl das Strohdach des nur 2 Meter entfernten Wohnhauses bereits Feuer gefangen hatte, gelang die Rettung ohne Eingreifen der herbeigeeilten Hilfen aus Börslingen und Weidenstetten. Die Neenstetter Feuerwehr bekam eine im Staatsanzeiger veröffentlichte Belobung durch das königliche Ministerium des Innern.

Auf Ersuchen von Pfarrer Schreiber beschließt der Gemeinderat am 22. Dezember 1891, daß sonntägliche Übungen der Feuerwehr mindestens eine Stunde vor Beginn des Gottesdienstes beendet sein müssen. Dies beherzigt die Feuerwehr übrigens bis heute. 1910 nimmt Kommandant Christian Wiedenmann am Landesfeuerwehrtag in Göppingen teil. Die Gesamtstärke von 70 Mann im Jahre 1912 verrät, daß alle Männer bis zum Alter von 50 Jahren zum Feuerwehrdienst verpflichtet waren.

Gliederung der Feuerwehr 1912

Über das 50jährige Jubiläum im Jahr 1934 ist nur bekannt, daß die Gemeindekasse das Defizit von 81 RM übernimmt. Kommandant ist seit 1924 Michael Fischer. Als Fischer 1932 altershalber zurücktritt, übernimmt der bisherige Stellvertreter Johann Übelhör die Kommandantenstelle. 

1936 ändert das Dritte Reich auch die Strukturen der Feuerwehren, gibt ihnen den Status einer technischen Hilfspolizei und setzt an ihre Spitze jeweils einen Führerrat. In Neenstetten bleibt Johann Übelhör Kommandant. Die Wehr wird in das Vereinsregister beim Amtsgericht Ulm eingetragen. Ihre Organisation als jetzt freiwillige Feuerwehr beruhte auf reichseinheitlicher Satzung. Für Nichtbeteiligte bis zum 50. Lebensjahr wird nun die Feuerwehrabgabe eingeführt.

1939 bedarf es eines neuen Schlauch und Hydrantenwagens und 1942 ist der Antrag auf eine tragbare Motorspritze fällig, denn der fortgeschrittene Kriegsverlauf hat die Luftgefahr auch für die Dörfer erhöht.

Nach dem Kriege im Mai 1948 beantragt Kommandant Karl Wagner eine Besoldung  seiner Mannschaft, um den planmäßigen Dienst zu gewährleisten. Der Gemeinderat stellt diesen Antrag aber bis nach der Währungsreform zurück. Stellvertreter Stefan Leibing wird nach dem Rücktritt Wagners im Jahre 1949 neuer Kommandant. Im Jahre 1950 verfügt die Feuerwehr über 28 einsatzbereite Feuerwehrmänner.

Im Jahre 1963 erhält die Neenstetter Feuerwehr als Ersatz eine neue Motorspritze TS 8/8 von der Firma Magirus aus Ulm zum Preis von damals      8000 DM.

Im Jahre 1987 bekommt die Wehr mit einem neuen Löschfahrzeug LF8 (Aufbau Ziegler auf MB 711D) ihr erstes Feuerwehrfahrzeug. Dieses wird  im Dezember 2013 nach Lonsee für die Abteilung Radelstetten verkauft.

Am 3.12.2013 übernimmt die Feuerwehr Neenstetten ihr neues Löschfahrzeug LF10.



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 Quellen: Eugen Sauter, ein Dorf auf der schwäbischen Alb

               Brandschutz, deutsche Feuerwehrzeitung